Misgendert zu werden ist nicht schön
„Sehr geehrter Herr Pohl …“ – das ist mein Vater, das bin
ich nicht. Auch der richtige Vorname im Adressfeld hat mein Gefühl, nicht
gemeint zu sein, nicht ausgleichen können. Misgendert zu werden ist nicht
schön. Dabei ist es mir gar nicht so wichtig, dass mein Geschlecht gewusst
wird. Wo es z. B. bei Online-/Formularen möglich ist, gebe ich gar nichts an
oder klicke bei „keine Angabe“. Aber das falsche Geschlecht? Nee!!
Dieses Mini-Ereignis gab mir einen Mini-Eindruck, wie es wohl sein muss, wenn mensch ständig misgendert wird. Oder schlimmer: sich selbst misgendern muss, weil die Abfrage im Online-Formular nur binär und als Pflichtfeld aufgesetzt ist.
ABER angesichts der nach wie vor ungleich verteilten Chancen ist die Abfrage des Geschlechts nicht vollkommen unsinnig. Wenn Geschlechtergerechtigkeit durch Maßnahmen gefördert werden soll, sind Zahlen zum Geschlechterverhältnis sehr hilfreich – fürs Konzept, zur Begründung im Vorfeld oder zur Evaluierung hinterher.
Diese Anliegen transparent zu machen und dann z. B. anonymisiert das Geschlecht abzufragen, wäre eine Möglichkeit.